Angriff der Unteren Naturschutzbehörde gegen Christoph Deinet, Autor des Kletterführers Rhein-Main-Gebiet

Am 27. November 2002 erhielt ich ein  Schreiben des Rechtsamtes des Kreisausschusse des Landkreises Limburg-Weilburg.

Ein Herr Appl beschwert sich in diesem Schreiben über die unzutreffenden Angaben über die bestehenden Einschränkungen des Klettersports am Konradsfels in meinem Kletterführer. Weiter bittet (!) mich Herr Appl, eine Erklärung abzugeben, daß ich die "falschen Angaben" über das Kletterverbot am Konradsfelsen durch "das Einlegen von Hinweisblättern in die einzelnen zum Verkauf stehenden Exemplare" korrigiere und dies nachweise. Ferner möchte er von mir, daß ich erkläre, in zukünftigen Ausgaben falsche Angaben "bezüglich der Klettersituation am Konradsfelsen zu unterlassen".

 Brief des Rechtsamts des Kreisausschusses des Landkreises Limburg-Weilburg an Christoph Deinet vom 25.11.2002

Herr Appl ist offensichtlich der Auffassung, daß der Autor eines beschreibenden Führers dafür verantwortlich ist, wie sich die Leser aufgrund der Angaben in dem Führer verhalten. Angeblich "veranlasse" ich Dritte dazu "am Konradsfelsen zu klettern und das Gebiet außerhalb der ausgewiesenen Wege zu betreten, womit ich "nach Aktenlage" rechnen können mußte.

Dazu ist folgendes zu sagen:

  1. Ist es schon etwas merkwürdig, wenn es der Unteren Naturschutzbehörde ausgerechnet heute, also fast drei Jahre nach der Veröffentlichung der genannten Auflage des Rhein-Main Kletterführers, auffällt, daß darin offensichtlich unzutreffende Angaben über die Existenz eines Kletterverbotes am Konradsfelsen enthalten sind. Komme niemand auf die Idee, daß diese zeitliche Übereinstimmung mit der Organisation des Widerstandes gegen den Verordnungsentwurf für das geplante Naturschutzgebiet und dem darin enthaltenen totalen Kletterverbot zu tun haben könnte!

  2. Besonders interessant wird der Vorgang, wenn man sich den zeitlichen Ablauf von Gesprächen mit Naturschutzministerien, einstweiligen Sicherstellungen und Kletterführer-Veröffentlichungen ansieht:

    Da war zunächst mal ein Gespräch zwischen Vertretern der Kletterer und Vertretern der verschiedenen Naturschutzbehörden am 2. Dezember 1998 in den Räumen der Oberen Naturschutzbehörde in Gießen. Der anwesende Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde in Limburg, Herr Lübke ließ kein Wort darüber verlauten, daß am Konradsfels kurzfristig eine einstweilige Sicherstellung, verbunden mit einem totalen Kletterverbot beabsichtigt sei. Im Gegenteil verabredete man einen gemeinsamen Ortstermin durchzuführen.

    Statt des gemeinsamen Ortstermins wurde aber eine einstweilige Sicherstellung des Konradsfelsens im Juli 1999 durchgezogen. Daß man damit alle zuvor getroffenen Absprachen der Kletterer mit dem Hessischen Ministerium f. Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz ad absurdum führte, schien auf Seiten der Naturschutzbehörden offensichtlich niemanden zu interessieren. Der Unteren Naturschutzbehörde gelang dieser Coup in stiller Heimlichkeit. Man sagte niemanden etwas davon, "natürlich" nicht den Kletterern, aber noch nicht mal dem eigenen Ministerium!

    Dann gab es im Dezember 1999 eine Besprechung zwischen Kletterern und Vertretern des Naturschutzministeriums in den Räumen des Ministeriums in Wiesbaden. Da aber keiner der Anwesenden, also die Kletterer ebensowenig wie die Abteilungsleiter des Ministeriums oder Herr Staatssekretär Thurmann, von der einstweiligen Sicherstellung wußten, wurde der Konradsfels auch nicht explizit thematisiert.

    Und schließlich ging im Januar 2000 die Neuauflage des Kletterführers Rhein-Main-Gebiet in Druck und erschien Mitte Februar.

    Die Kletterer erfuhren von dem Kletterverbot am Konradsfelsen schließlich Anfang Februar 2000, also rund sechseinhalb Monate später - durch die Presse!

    Auf Seiten der Naturschutzbehörde darf sich also niemand wundern, daß die Kletterer von ihren Aktivitäten nichts wissen, wenn man immer wieder versucht, Kletterverbote quasi unter konspirativen Bedingungen an den Kletterern vorbei durchzudrücken. So lange man Kletterer durch solche mit niemandem abgesprochene Maßnahmen immer wieder vor vollendete Tatsachen stellt, werden die Naturschutzbehörden - vollkommen selbstverschuldet - mit falschen Angaben in Kletterführern leben müssen.

    Wer die zeitlichen Abläufe genau wissen will und im Detail nachvollziehen möchte, wie die Kletterer zehn Jahre von den Naturschutzbehörden in Limburg und Gießen mißachtet und hintergangen wurden, kann sich die  Geschichte des Konfliktes zwischen Kletterern u. Naturschutzbehörden zu Gemüte führen.

  3. Was den Satz über die Verwendung von Steigeisen in der steilen Abstiegsrinne anbetrifft, so fehlt den tapferen Mannen der UNB in Limburg bedauerlicherweise die nötige Sachkenntnis über den Klettersport, um die Ironie in dieser Anmerkung erkennen zu können. (Ungefähr so, wie wenn man einem zu klein geratenen Fußballspieler zur Verbesserung seiner Kopfballchancen ernsthaft empfehlen würde mit Plateausohlen zu spielen.)

  4. Herr Appl meint, mit ziemlich abstrusen pseudorechtlichen Herleitungen mir nachweisen zu wollen, daß ich als Kletterführerautor für Fehlverhalten Anderer - Pardon Dritter! - verantwortlich bin.
    Da geht Herr Appl leider völlig fehl. Autoren von Kletterführern übernehmen keinerlei Garantenstellung gegenüber den beschriebenen Klettergebieten und -felsen.
    Fest steht, daß jeder einzelne Kletterer beim Besuch eines Kletterfelsens in jeder Situation selbstbestimmt und eigenverantwortlich handelt. Das betrifft die Auswahl des Felsens und der Kletterroute ebenso wie etwa die Wahl des Zustieges und selbstverständlich auch die Frage, ob man an dem gewählten Felsen überhaupt klettern sollte oder darf.

Aus allen diesen Gründen geht der Vorstoß der Behörde gegen mich völlig ins Leere.

Über die Motivation für diesen grotesken Angriffsversuch darf sich jeder seine eigenen Gedanken machen.
Wenn die Untere Naturschutzbehörde aber tatsächlich der Auffassung sein sollte, mich mit einem solch billigen Manöver einschüchtern zu wollen, wird sie bald andere Erfahrungen machen.

Wünschenswert wäre aus meiner Sicht, daß die Behörde endlich zu einer konsensorientierten Sachdiskussion findet, anstatt die Kletterer mit solch absurden Methoden zu bekriegen. Das ist nun wirklich albern.


Christoph Deinet, 27.11.2002




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